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Digitaler Nachlass: Welche Daten möchten Sie hinterlassen?

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Geschrieben von Wolfgang Wittmann

Definition: Was ist ein digitaler Nachlass?

Im Laufe des Lebens hat nahezu jede Person schon mal einen PC benutzt sowie sich im Netz bewegt – die einen mehr, die anderen weniger. 
Aber selbst bei Letzteren sammeln sich mehr digitale Daten an als gedacht. 
E-Mails, Online Banking, Social Media Accounts, Online Shopping, Streaming, Steuer, Fotos und Videos auf der Festplatte oder in der Cloud etc.
All diese digitalen Daten und Verträge – online oder lokal auf Datenträgern gespeichert – all das ist Ihr digitaler Nachlass . Sie werden nicht automatisch gelöscht und existieren auch nach Ihrem Tod weiter. 
Dürfen also die Erben darauf zugreifen?

Was sagt der BGH dazu?

2018 fällte der Bundesgerichtshof bezüglich des digitalen Nachlasses ein eindeutiges Urteil: Das digitale Erbe sei den übrigen Erbgegenständen gleichzusetzen. Folglich dürfen Erben die Inhalte einsehen bzw. über diese verfügen, wenn der Verstorbene dies nicht anders in einem Testament verfügt hat.

Ausgelöst hat dieses Urteil der Fall um den möglichen Unfalltod einer Jugendlichen. 
Die Eltern des Mädchens wollten auf den Social Media Account zugreifen, um etwaige Beweggründe nachvollziehen zu können.

Wer erbt den digitalen Nachlass?

Da der digitale Nachlass wie ein gewöhnlicher Nachlass zu händeln ist, ist hier die Erbreihenfolge bzw. das Testament zu berücksichtigen. Hierüber ist geregelt wer das digitale Erbe erhält.
Die Erben übernehmen nicht nur das digitale Erbe, sondern ebenso alle Rechten und Pflichten, die selbiges mit sich bringt.
So darf der Erbe, wenn nicht im Testament anders festgelegt, Konten einsehen wie löschen, muss aber auch beispielsweise die Rechnung für den letzten Online Kauf begleichen.

Beachten Sie: Digitale Dateien von Abodiensten wie beispielsweise E-Books sind nicht vererbbar.

Brauche ich ein Testament für meine digitalen Hinterlassenschaften?

Wenn Sie auf Nummer sicher gehen wollen, sollten Sie auch für Ihre digitalen Hinterlassenschaften ein Testament verfassen. Mindestens sollten Sie jedoch eine Auflistung über Ihre Konten online sowie deren Zugänge anlegen und diese sicher verwahren.
Grundsätzlich ist als Testament ein handschriftliches Dokument rechtswirksam. Wichtig ist, dass Sie selbiges unterschreiben und mit einem Datum versehen.
Hier gilt es außerdem auf die richtigen Formulierungen zu achten, damit die Bestimmungen im Testament auch rechtskräftig sind. Bei Unsicherheiten ist es ratsam, einen Anwalt für Erbrecht oder einen Notar zu konsultieren.

Digitales Erbe regeln – Ihre Checkliste

  1. Löschen Sie jegliche Daten, von welchen Sie nicht wünschen, dass diese nach Ihrem Tod sichtbar werden.
  2. Bekommen Sie Newsletter, die Sie regelmäßig wegklicken, weil Sie diese sowieso nicht lesen? Schlummern noch diverse Konten, die Sie schon seit Monaten oder Jahren nicht mehr nutzen? Misten Sie regelmäßig Ihre digitalen Eigentümer aus. So entlasten Sie nicht nur Ihre Erben, sondern befreien sich auch von digitalem Ballast und schmälern außerdem das Risiko, dass über diese Konten Ihre Daten missbraucht werden können.
  3. Verschaffen Sie sich einen Überblick über all Ihre Konten, wie beispielsweise für folgende Bereiche:
    a) Social Media (Facebook, Instagram, Pinterest etc.)
    b) E-Mail
    c) Messenger (Whatsapp etc.)
    d) Online Shops
    e) Finanzen (Banken, Steuer, Paypal etc.)
    f) Cloud (Bei Tablets oder Handys für Fotos, Dropbox etc.)
    g) Online Spiele
    h) Foren
    i)Streaming
    j) Eigene Webseiten
    k) Netzwerke (LinkedIn etc.)
    l) Partnervermittlungsseiten
  4. Fertigen Sie eine Liste dieser Konten an. Fügen Sie hier aus Sicherheitsgründen keine Benutzerdaten hinzu. Diese Liste soll nur für Ihre Nachkommen als Übersicht dienen, welche Konten aktiv sind. Die Verbraucherzentrale bietet eine Musterliste als PDF an.
  5. Suchen Sie sich nun einen vertrauenswürdigen elektronischen Passwortmanager aus. Hinterlegen Sie hier alle Konten aus Ihrer Liste sowie deren Benutzerdaten (Benutzername und Passwort). Halten Sie Daten stets aktuell. Das dient nicht nur Ihrem digitalen Nachlass, sondern schützt auch noch Ihre Daten um ein Vielfaches besser als es ein Zettel vermag. Verwahren Sie das Masterpasswort für den Passwortmanager in einem Tresor o.Ä., auf welchen Ihre Erben Zugriff erhalten können. 
  6. Erstellen Sie eine Vollmacht oder ein Testament. 
    a) In der Vollmacht sollten Sie genau festlegen, welche Daten bzw. Konten gelöscht, ob diese für bestimmte Personen freigegeben oder ob Konten auf Gedenkstatus gesetzt werden sollen. Vergessen Sie den Zusatz “über den Tod hinaus” sowie Datum und Ihre Unterschrift nicht! Dennoch kann es sein, dass im Falle rechtlicher Streitigkeiten die Vollmacht nicht anerkannt wird. Hier finden Sie ein Muster der Verbraucherzentrale als PDF.
    b) Mit dem Testament sind Sie rechtlich besser abgesichert. Hier können Sie wie in der Vollmacht festlegen, was mit Ihren Daten geschehen und wer erben soll. Je genauer Sie werden, desto besser. Wichtig ist hier, dass die Formulierungen “passen”, damit das Dokument rechtskräftig ist. Wenden Sie sich bei Unsicherheiten an einen Anwalt oder Notar. Grundsätzlich reicht ein handschriftliches Dokument aus, das Sie jedoch unbedingt mit Datum und Ihrer Unterschrift versehen sollten.
  7. Kommunizieren Sie Ihre Vollmacht oder das Testament vertrauenswürdigen Personen. So ist Ernstfall klar, wo sich die Dokumente befinden. Alternativ können Sie dieses beim Anwalt oder Notar hinterlegen.

Warum sollte ich mein digitales Erbe regeln?

Es sprechen viele Gründe dafür, Ihr digitales Erbe zu regeln. Zum einen können Sie bestimmen, wie mit Ihren Daten nach Ihrem Tod umgegangen wird. Sollen bestimmte Personen Einsicht erhalten oder keiner? Sollen alle Daten privat bleiben? Soll alles gelöscht werden oder Ihre Social Media Konten beispielsweise in den Gedenkstatus versetzt werden? All das können Sie in Ihrem Testament festlegen. 

Zum anderen entlasten Sie Ihre Erben. Diese können online getroffene Verträge und Konten einfacher kündigen, da Sie ihnen eine Übersicht sowie deren Zugriffe an die Hand gegeben haben.

Weiterhin beugen Sie Datenmissbrauch vor. Sind die Konten gelöscht, können die Daten schwieriger zu kriminellen Zwecken – sprich Identitätsdiebstahl – verwendet oder Ihrer Reputation geschadet werden.

Beachten Sie: Kümmern Sie sich nicht um Ihren digitalen Nachlass, können Ihre Erben mit Ihren Daten nach Lust und Laune verfahren bzw. diese uneingeschränkt einsehen.

Vorsicht bei Anbietern für digitale Nachlassverwaltung

Mittlerweile gibt es auch in Deutschland einige Unternehmen, die das Verwalten des digitalen Nachlasses anbieten. Diese Dienste sind mit Vorsicht zu genießen.
Sie verlangen nicht nur Geld für das Verwalten Ihrer digitalen “Eigentümer”, sondern haben so oftmals auch Zugriff auf Ihre Passwörter. Auch wenn dem nicht so ist, wird dem Unternehmen so einiges an Informationen über Ihre Person offengelegt.

Selbst, wenn das Unternehmen Ihre Daten nicht selbst “nutzt”, besteht immer noch die Gefahr, dass der Anbieter gehackt und so selbige entwendet werden können.
Unsere Empfehlung lautet daher wie oben bereits erläutert: Listen Sie Ihre Konten auf, aber hinterlegen Sie die Zugänge in einem vertrauenswürdigen Passwortmanager. Das Masterpasswort sollten Sie sicher in einem Tresor verwahren, das im Todesfall den Erben zugänglich gemacht wird.

Digitaler Nachlass bei Apple, Google und Facebook

Viele soziale Medien bieten mittlerweile Einstellungen an, mit welchen sich der digitale Nachlass binnen des jeweiligen Kontos – zumindest oberflächlich – regeln lässt.

Bei Google verhält es sich wie folgt: Im Konto kann der Nutzer Personen hinterlegen, die bei längerer Inaktivität benachrichtigt werden. Binnen 3 Monaten können diese dann die hinterlegten Daten herunterladen.
Auch Apple bietet diese Funktion an. Der Nutzer kann Personen bestimmen, welche nach dem Tod auf die Daten (z.B. Fotos in der Cloud) zugreifen können. Dazu müssen diese jedoch eine Sterbeurkunde vorweisen.
Auch Nutzer bei Facebook können Nachlasskontakte bestimmen, die über das Konto verfügen können. Darüber hinaus können sie veranlassen, ob das Konto nach dem Tod in den Gedenkzustand versetzt oder gelöscht werden soll.


Beachten Sie: Diese “komfortablen” Dienste sind mit Vorsicht zu genießen. Zum einen erhält der Anbieter nicht nur Kunde über Ihr Ableben – oftmals muss sogar eine Sterbeurkunde hochgeladen werden – , sondern darf außerdem noch die Daten weiterer Personen – Ihrer “Nachlasskontakte – sammeln.

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